Bei einem „Euphemismus“ wird sich der ein oder andere zunächst fragen: „Was ist das eigentlich für ein komisches Wort?“ Deutsch ist es jedenfalls nicht. Ganz recht. Der vorliegende Beitrag befasst sich mit der Bedeutung des griechischen Fremdwortes, liefert einige anschauliche Beispiele und beschreibt die erwünschte Wirkung beim Rezipienten.
Was bedeutet eigentlich „Euphemismus“?
Der Terminus, mit dem ein weiteres Stilmittel der deutschen Sprache umschrieben wird, stammt ursprünglich aus dem Altgriechischen, ist jedoch zwischenzeitlich als Fremdwort in die deutsche Sprache eingegangen. Die Vorsilbe „eu-“ bedeutet immer, dass das Angeschlossene ins Positive gekehrt, also mit dem Wort „gut“ assoziiert wird. Das Verb φημί (phēmí = 1. Person Singular) bedeutet „ich sage“ und wurde zum Begriff „Euphemismus“ zusammengeführt und latinisiert.
Info: Das Gegenteil der Vorsilbe „eu-“ ist übrigens „dys-“ (das ebenfalls dem Griechischen entstammt) und bedeutet so viel wie „schlecht“. Spricht man von einer Wunschvorstellung, die nicht erfüllbar ist, so nennt man diese „Utopie“. Handelt es sich dabei um etwas positiv Konnotiertes wie den Weltfrieden, kann man auch von einer „Eutopie“ sprechen. Geht es stattdessen um etwas Negatives, zum Beispiel eine Zombie-Apokalypse, ist der passende Terminus „Dystopie“. In beiden Fällen handelt es sich um moderne Kunstworte, die zu Zeiten Platons noch nicht gebräuchlich war.
Definition
Wie könnte man den Begriff nun umschreiben? Bei einem Euphemismus handelt es sich generell um eine nicht eindeutige Aussage, die mithilfe von Umschreibungen versucht, einen Sachverhalt künstlich zu beschönigen. Das kann von einfachen Veränderungen bis hin zu politischer Propaganda führen. Einige Beispiele helfen hier weiter:
Beispiel 1: „In die ewigen Jagdgründe eingehen“
Bei dieser Formulierung handelt es sich zunächst einmal um eine Metapher, ein Stilmittel, das häufig für Euphemismen herangezogen wird. Es umschreibt die für die meisten Kulturkreise schmerzhafte Erfahrung des Verlustes eines geliebten Menschen, also den Tod. Die Formulierung, die ein wenig an die Natur, die Freiheit und die Schönheit einer Winnetou-Landschaft erinnert, beschönigt also bewusst das Sterben eines Mitmenschen, sicherlich eine der negativsten Erfahrungen für jeden Menschen.
Beispiel 2: „Einschläfern“
Dieser tiermedizinische Akt, den man aus dem Kontext meist alter oder schwer kranker Haustiere kennt, suggeriert, dass das Lebewesen so müde gemacht wird, dass es nie wieder aus seinem tiefen Schlaf erwacht. Und Schlaf als regenerierendes, Erholung spendendes, allnächtliches Ritual wird von den Meisten als etwas schönes, angenehmes empfunden. Auch hier wird also der Tod beschönigt.
Beispiel 3: Im „bewaffneten Konflikt“ ein „Ziel eliminieren“
Der erste Begriff machte in den 2000er Jahren die Runde, als der Auslandseinsatz der Deutschen Bundeswehr in Afghanistan stets als „bewaffneter Konflikt“ bezeichnet wurde, weil er nicht dem klassischen Terminus „Krieg“ entspricht, wie man ihn beispielsweise aus den beiden Weltkriegen kennt. Dennoch empfanden die Soldaten vor Ort die ständigen Gefechte als „Krieg“ und so setzte sich der damalige Verteidigungsminister Deutschlands dafür ein, den Begriff auch in den deutschen Medien zu verwenden, um nicht zu beschönigen, was Soldaten im Einsatz als etwas völlig anderes empfanden. Im gleichen Kontext steht auch die Formulierung des „eliminierten Ziels“. Hierbei handelt es sich schlicht um einen getöteten Menschen, das kann man auch nicht beschönigen. Aber man kann die Grausamkeit des Geschehens für alle Beteiligten verschleiern, und auch dafür ist ein Euphemismus gut.
Sonderbeispiel: „Euthanasie“
Das politisch wohl problematischste Wort im Kontext der Euphemismen innerhalb der deutschen Sprache ist der Terminus „Euthanasie“, was – wiederum um die Vorsilbe „eu-“ ergänzt – aus dem Griechischen kommt und wörtlich übersetzt „Schöntod“ bedeutet. Für Tiere gibt es in diesem Kontext den oben beschriebenen Begriff der „Einschläferung“, für Menschen den Begriff der „aktiven oder passiven Sterbehilfe“. Alle drei Begriffe bezeichnen trotz allem die Tötung eines Lebewesens. Auf die grausame Spitze der Menschheits- wie der Sprachgeschichte wurde der Begriff „Euthanasie“ von den Nazis getrieben. Sie bezeichneten unpassende Elemente der Gesellschaft als „lebensunwertes Leben“ und führten sie in den angeblich wünschenswerten Tod. Traurige Weltberühmtheit erlangten dabei die sogenannten T4-Aktionen zwischen 1940 und 1945, der rund 70.000 Menschen mit körperlicher oder geistiger Behinderung zum Opfer fielen.
Wirkung
Unabhängig vom letztgenannten Sonderbeispiel ist das Stilmittel des „Euphemismus“ in der deutschen Sprache und Literatur oft verwendet worden. Häufig wird das Bezeichnete mithilfe einer metaphorischen Umschreibung so weit von der Wahrheit entfernt, dass man es kaum wiedererkennen kann. Dabei wirken Euphemismen je nach Einsatz entweder beruhigend, beschönigend, aber auch empörend, sofern das Umschriebene bewusst oder aus politischer Absicht unnötig verzerrt wird. Beim eigenen Gebrauch ist also stets zu prüfen: Was möchte ich mit einem Euphemismus ausdrücken?