Anglizismen sind – ganz allgemein gefasst – Wörter, die einen englischen Einfluss oder auch nur einen englischen Einschlag haben. Sie müssen nicht zwingend in die Standardwörterbücher übernommen worden sein, auch wenn sich viele von ihnen heute allerdings dennoch in Duden und Co. finden lassen. Hier klären sich nun die Fragen: Wie sind die unterschiedlichen Anglizismen beschaffen, wodurch kann man sie erkennen – und gibt es vergleichbare sprachliche Adaptionen auch aus anderen Sprachen?

Info: Der Begriff Anglizismus ist ein Kunstwort der Neuzeit. Er lässt sich auf den spätlateinischen Präfix anglo- = „englisch“ und das griechische Suffix -kismos = „Gebrauch, Missbrauch“, das anschließend zu -zismus latinisiert wurde, zurückführen. Demnach handelt es sich gleichermaßen um einen Gebrauch wie um einen Missbrauch des Englischen.

Arten von Anglizismen

Im Großen und Ganzen lässt sich die Ansammlung von Anglizismen im Deutschen in drei Kategorien unterteilen. Eine ergänzende, eine differenzierende und eine verdrängende Klasse haben sich mittlerweile etabliert und sollen im Folgenden vorgestellt werden.

Ergänzende Anglizismen

Hierbei handelt es sich ganz banal um Begriffe, die in Ergänzung zur deutschen Sprache einen neuartigen Begriff einführen, der eine zuvor existente Lücke des Deutschen schließt. Im weitesten Sinne könnte man diese Form der englischen Adaption auch als Lehnwort bezeichnen. Sie fallen bisweilen kaum noch auf und werden selbst von älteren Menschen ganz unbewusst verwendet. Eine Reihe von Beispielen soll exemplarisch erklären, was sich dahinter verbirgt:

Baby

Der Begriff „Baby“ für ein kleines Kind, das zwischen den Begriffen „Neugeborenes“ und „Kleinkind“ steht, hat sich seit Jahrzehnten in der deutschen Sprache etabliert. Ein ursprünglich für diese Alterskategorie verwendeter Begriff konnte sich nie durchsetzen, man sprach demnach kaum von einem sogenannten „Infanten“. Interessanterweise hat sich dieser Begriff im Fremdwort „infantil“ erhalten.

Boiler

Das Heißwassererzeugungsgerät, das vielen Deutschen noch aus früheren Wohnsituationen oder auch modernisierten Altbauwohnungen bekannt sein dürfte, erhielt relativ schnell den wesentlich kürzeren und prägnanteren Namen „Boiler“, was letztlich „Kocher“ bedeutet.

Interview

Auch dieses durch eine dokumentierende Instanz geführte Gespräch unter wenigen Augenpaaren auf Basis einer Befragung einer oder mehrerer weiterer Personen hat sich im Deutschen sehr früh festgesetzt. Die wörtliche Übersetzung „Zwischenschau“ hat es im Deutschen so vorher nicht gegeben und auch Synonyme wie „Dialog“, „Zwiegespräch“ oder „Unterredung“ konnten sich nicht durchsetzen.

Eine Liste der wichtigsten Anglizismen dieser Kategorie wie auch der beiden folgenden Kategorien findet sich hier.

Differenzierende Anglizismen

Diese Gruppe stellt eine Reihe von Begriffen dar, die parallel zu deutschen Wörtern existiert, diesen jedoch entgegengestellt wird. Bisher hat die deutsche Sprache in vielen Fällen noch keine eigenen Begriffe gebildet, die an gleicher Stelle verwendet werden könnten und bedient sich deshalb der anverwandten Sprache. Auch hier können einige Beispiele sicherlich leichter vor Augen führen, worum es sich konkret handelt.

E-Mail

Jeder kennt sie, man schreibt sie fast täglich, man bekommt sie zuhauf. Doch wieso hat sich hier nie ein Begriff etabliert, der es auch Menschen, die des Englischen nicht mächtig sind, sofort erlaubt, den Wortinhalt zu erfassen? „Elektronische Post“ wäre hier beispielsweise denkbar, doch sowohl die klobige und wenig organische Bildung dieses Terminus als auch die Entstehung der E-Mail im angelsächsischen Raum lassen Rückschlüsse auf die Adaption im Deutschen zu.

Alcopop

Seit ihrer Entwicklung und dem Aufkommen auf dem deutschen Getränkemarkt haben sich Alcopops unter ihrem englischen Namen vermarkten lassen. Eine deutsche Alternative, die quasi nicht existiert, wäre hier zum Beispiel „alkoholhaltiges Mischgetränk“.

Halfpipe

Skateboarden war der Jugendsport der 90er. Heute fahren junge Menschen eher Longboard. Doch bis heute hat sich für die im Boardsportbereich typischen „Hohlpisten“ nie der deutsche Begriff etablieren können – man sprach von Anfang an immer von Halfpipes.

Exkurs: Michael „Air“ Jordan

Der amerikanische Profibasketballer wurde auch in den deutschen Medien stets mit seinem Künstlernamen „Air“ vorgestellt. Freilich handelt es sich hier nicht um einen klassischen Anglizismus, doch eher ablehnende Berichterstatter hätten statt des englischen „Air“ auch einfach das deutsche Wort „Luftsprung“ verwenden können, das den Basketballer so auszeichnete.

Verdrängende Anglizismen

Dieser Kategorie dürften die meisten im Deutschen verbreiteten Anglizismen unterliegen. Sie ersetzen bereits existente deutsche Begriffe, die auch einer dem Englischen nicht sonderlich zugewandten Generation verständlich waren, durch eine Adaption aus dem Amerikanischen, seltener dem Britischen. Oftmals sorgen sie für einen gewissen Zeitraum für Unverständnis seitens der Angesprochenen, nach und nach setzen sie sich dann jedoch durch. Auch hier können Beispiele vermitteln, worum es geht.

Sale

Zum Ende jeder Saison finden sich die vier Buchstaben, zumeist in Kombination mit einem Prozentzeichen, in den Schaufenstern sowie im Verkaufsbereich branchentypischer Verkaufshäuser. Was früher „Sommerschlussverkauf“ oder „Winterschlussverkauf“ hieß, bezeichnet man heute als SALE.

Ham and eggs

Das traditionelle Frühstück „Strammer Max“ heißt schon seit Jahren nicht mehr so. Stattdessen hat man sich auf die beiden basalen Bestandteile dieser Brotzeit beschränkt, nämlich Ei und Schinken, und hat sie einfach in der für den angelsächsischen Raum typischen Doppelnennung (siehe auch: Fish & Chips, Burger & Beer usw.) mit der Konjunktion „and“ zusammengeführt.

Account

Wer ein E-Mail-Konto eröffnen möchte, weiß, dass hier keine „Zugangsberechtigung“ mehr erforderlich ist. Auch von einem „Benutzerkonto“ spricht man heutzutage nicht mehr. Beide Begriffe werden durch den englischen Terminus „account“ abgedeckt. Dieser bedeutet übrigens auch noch „Bericht“, „Konto“ oder „Rechnung“ und wird stellenweise auch für diese deutschen Begriffe herangezogen.

Umdeutung

Neben diesen drei Kategorien gibt es jedoch auch noch Begriffe, die sich auf den ersten Blick so darstellen, als kämen sie aus dem Englischen, es jedoch nur bedingt oder gar nicht tun. Das Handy, die Vorform des heutigen Smartphones, war beispielsweise ein solcher Begriff, der im Deutschen für die aufkommenden Mobiltelefone angewandt wurde, obwohl er im Englischen nur so viel wie „praktisch“ bedeutet. Im angelsächsischen Raum spricht man nämlich von „mobile phones“ oder „cell phones“.

Weitere Beispiele für derartige „falsche“ Anglizismen wären: Coffee to go (statt „takeaway“), Streetworker (also Sozialarbeiter; im Englischen bedeutet „Streetworker“ allerdings „Prostituierte“), Oldtimer (statt „classic/vintage car“), Beamer (statt „projector“) und viele weitere Begriffe. All diese Worte werden gerne unter dem abwertenden Begriff „Denglisch“ zusammengefasst.

Sprachliche Adaptionen abseits des Englischen

Dasselbe Phänomen, das hier nun für die Anglizismen geschildert wurde, ließe sich auch auf andere Sprachen oder Sprachfamilien übertragen. Diese sollen im Folgenden lediglich tabellarisch und auszugsweise vorgestellt werden:

Stelldichein     →        Rendezvous (Romanismus)

Bürgersteig     →        Trottoir (Romanismus)

Geldbeutel      →        Portemonnaie (Romanismus)

Umfeld           →        Ambiente (Romanismus)

Belegtes Brot →        Bemme (Slawismus)

Restaurant      →        Bistro (Slawismus)

Bösewicht      →        Halunke (Slawismus)

Pfannkuchen   →        Plinse (Slawismus)

Frauenhort      →        Harem (Arabismus)

Glücksbringer →        Talisman (Arabismus)

Zahl                →        Ziffer (Arabismus)

Neben Anglizismen, Arabismen, Romanismen und Slawismen wurde die deutsche Sprache auch von vielen anderen Sprachen beeinflusst. Das Alter der Adaption entscheidet darüber, ob die gegenwärtige Residenzgesellschaft sich an einem Lehnwort oder Fremdwort stört oder nicht.