Keyword-Kannibalismus erkennen und auflösen

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Keyword-Kannibalismus entsteht schneller als man denkt. SEO-Experte Leonard Metzner hat sich für Euch damit beschäftigt, wie man entstehenden Kannibalismus schon im Vorfeld erkennt, vermeidet, sowie ihn im Ernstfall schnell und effektiv behebt. Voraussichtliche Lesedauer: 7 Minuten
Inhalt

Alle SEO Maßnahmen sind umgesetzt und das Ranking will einfach nicht besser werden? Häufig verhindert das wenig beachtete Phänomen des Keyword-Kannibalismus stabile Top-Rankings.

Wann liegt Keyword-Kannibalismus vor?

Grundsätzlich kann man bei SEO von Keyword-Kannibalismus sprechen, wenn sich verschiedene Dokumente einer Domain auf das gleiche Thema bzw. Keyword konzentrieren.

Viele Websites blicken inzwischen auf eine lange Historie zurück, zu der diverse Relaunches und Umstrukturierungen gehören oder in der über die Jahre einfach nur viele neue Artikel veröffentlicht wurden. Eine Löschung von altem Content oder gar dessen Aktualisierung ist zwar aus vielen Gründen zu empfehlen, stellt aber noch immer eine Ausnahme dar. So passiert es dann auch nicht selten, dass zu einem eigentlich bereits im letzten Jahr behandelten Thema ein weiterer, neuer Artikel publiziert wird, ohne zuvor die eigene Website kritisch auf dieses Thema hin zu untersuchen. Aber nicht nur Publisher haben mit solchen Überschneidungen zu kämpfen, wie die Beispiele in diesem Artikel zeigen werden.

Die am häufigsten zu beobachtenden Auswirkungen, die auf Keyword-Kannibalismus hindeuten können, sind:

  1. Mehrere Rankings zu einem Keyword, insbesondere auf den Seiten 1 bis 3
  2. Dauerhafte Schwankungen von mehreren Positionen
  3. Ranking mit wechselnder URL

Tipp: Über die neue Funktion Keyword-Kannibalismus in der Sistrix Toolbox, lassen sich sehr leicht alle Fälle identifizieren, in denen zu einem Keyword mehrere URLs der gleichen Domain ranken.

Screenshot aus der Sistrix-Toolbox mit drei Treffern für das Keyword „Rezept Brotteig“
Abbildung 1: Keyword-Kannibalismus in der Sistrix Toolbox – Beispiel „Rezept Brotteig“ für die Domain essen-und-trinken.de.

Im Vorfeld lässt sich das Phänomen mit einer Site-Abfrage bei Google verhindern. So lässt sich für jede Domain einfach ermitteln, ob diese bereits relevante Inhalte zu einem Keyword zur Verfügung stellt. Auch für die eigene Website kann das oft der schnellere Weg sein, als das eigene CMS zu durchforsten, wenn man nicht mehr jeden Artikel im Kopf hat.

Google-Screenshot zur Site-Abfrage:„site:domain.de suchbegriff“
Abbildung 2: Site-Abfrage zur Suche nach bestimmten Inhalten auf einer Domain

Aktiver und passiver Kannibalismus

Wichtig ist die Unterscheidung zwischen einem aktiv stattfindenden Kannibalismus, der an den zuvor beschriebenen Auswirkungen erkannt werden kann und einem passiven Keyword-Kannibalismus.

Was liegt näher, als das Thema Kannibalismus mit ein paar schönen Rezepten für die Weihnachtszeit zu kombinieren? 😉

Beispiel 1: Backbuch

Wer nach einem Backbuch sucht, findet im unteren Drittel der Top 10 oder auf Seite 2 abwechselnd verschiedene Ergebnisse zu einem Backbuch für den Thermomix, wie die folgende Abbildung zeigt.

Screenshot aus der Sistrix Toolbox zum Keyword „Backbuch“
Abbildung 3: Aktiver Kannibalismus am Beispiel des Keywords „Backbuch“ und der der Domain vorwerk.de (Quelle: Sistrix Toolbox)

Duplicate Content liegt in diesem Fall nicht vor, jedoch eine starke Überschneidung, insbesondere zwischen der Landingpage für das Backbuch und das Backbuch im Set mit einem Rezept-Chip. Auch die Startseite des Shops spielt für das Keyword mit, vermutlich aufgrund des dort in einem Teaser enthaltenen Backbuchs und der starken OffPage-Signale.

Der passive Keyword-Kannibalismus ist dagegen gekennzeichnet von einer thematischen Überschneidung ohne messbare Auswirkungen auf das Ranking. Das heißt, die gleiche URL kann zu einem bestimmten Keyword stabil in den Top 10 stehen, innerhalb der Domain gibt es aber dennoch eine thematische Überschneidung. Dieser Zustand bleibt häufig unbemerkt, bietet aber dennoch oft Potenzial zur Steigerung von Rankings.

Beispiel 2: Küchenmaschine

Der Hersteller KitchenAid rankt für dieses Keyword relativ stabil und ohne URL-Switcher in den Top 10, wie Abbildung 4 zeigt.

Screenshot aus der Sistrix Toolbox zum Keyword „Küchenmaschinen“
Abbildung 4: Stabiles Top 10 Ranking der Domain kitchenaid.de ohne URL-Switcher und sichtbare Kannibalisierung (Quelle: Sistrix Toolbox)

Dennoch existieren neben der bereits gut platzierten Seite aus Abbildung 4 weitere URLs, die ebenfalls relevant für „Küchenmaschine“ erscheinen:

1. www.kitchenaid.de/Produktzubehoer/Kleine-Haushaltsgeraete/Kuechenmaschinen

2. www.kitchenaid.de/index.php/haushaltskleingeraete/Kuechenmaschinen/news

Insbesondere die erste URL könnte das Ranking zum Keyword Küchenmaschine beeinträchtigen, da sie mit dem gleichen Keyword in Title und H1 arbeitet und überdies sitewide mit dem selben Linktext intern verlinkt wird.

Zweigeteilter Screenshot von kitchenaid.de: In Teil 1 zeigt ein roter Pfeil von der Oberkategorie Haushaltskleingeräte auf die Unterkategorie Küchenmaschinen, in Teil 2 von der Oberkategorie Produktzubehör Gleicher Linktext für verschiedene Linkziele auf kitchenaid.de
Gleicher Linktext für verschiedene Linkziele auf kitchenaid.de

Über Jäger und Gejagte

Hilfreich für weitere Erkenntnisse im Falle einer Keyword-Kannibalisierung ist es herauszufinden, welche URL ursprünglich das erste Ranking hatte (Gejagter) und welche konkurrierende URL neu hinzugekommen ist (Jäger). Häufig ist nämlich die historisch bereits etablierte URL die bessere Wahl. Verschiedene SEO Tools erlauben es, historische Rankingdaten zu einzelnen Keywords anzuzeigen. Abbildung 6 zeigt den Wechsel bei eujuicers.de zwischen Startseite und Kategorie zum Keyword Entsafter.

Beispiel 3: Entsafter

Der Wechsel zwischen Startseite und Kategorie ist häufig bei Keyword-Domains und Websites mit schmalem Sortiment anzutreffen. Im Falle von eujuicers.de wurde die Startseite bereits von verschiedenen URLs der Domain zum Keyword Entsafter im Ranking angegriffen, wobei sich die Startseite immer wieder behaupten konnte. Allerdings konnte die Domain seit 2012 zu keinem stabilen Ranking mehr zu diesem Keyword zurückfinden. Eine Auflösung der inhaltlichen Überlappung und die Bündelung der Signale beider URLs könnte hier möglicherweise Abhilfe schaffen.

Screenshot aus der Sistrix Toolbox zum Keyword „Entsafter“
Abbildung 6: Überschneidung zwischen Startseite und Kategorie zum Keyword Entsafter auf der Domain eujuicers.de

Der Kannibale kann zu neuen Rezepten führen

Eine Kannibalisierung beim Ranking kann auch auftreten, wenn es weder einen Jäger, noch einen Gejagten gibt, also beide Seiten eigentlich ihr eigenes Thema haben. Behandeln beide URLs einen spezifischen Aspekt eines übergeordneten Themas, können diese mitunter auch für dieses relevant erscheinen und in Bezug darauf kollidieren.

Beispiel 4: Brotteig

Das Magazin essen & trinken bietet auf seiner Website mehrere Rezepte in Kombination mit Brotteig an. Unter anderem gehören dazu „Kasseler im Brotteig“ oder „Eisbein im Brotteig“, wofür die Domain auch auf vorderen Plätzen in den Top 10 rankt. Gleichzeitig sind mehrere dieser URLs auf der zweiten Seite der SERPs zum Keyword „Brotteig“ platziert.

Ein Blick in die Top 10 zeigt, dass die dominante User-Intention für „Brotteig“ nicht „Rezepte für in Teig eingebackenes Fleisch“ ist, sondern es ums Brotbacken und den dazu nötigen Teig geht.

Mit einer Site-Abfrage lässt sich feststellen, dass essen & trinken aktuell keine darauf ausgerichtete, für Google indexierbare, Landingpage anbietet.

Google-Screenshot zur Site-Abfrage: site:essen-und-trinken.de brotteig
Abbildung 7: Site-Abfrage für Brotteig auf der Domain essen-und-trinken.de liefert keine für das Keyword relevanten Ergebnisse

In diesem Beispiel macht es wenig Sinn, die Kannibalisierung über die vorhandenen URLs auflösen zu wollen, weil diese alle ihre Berechtigung haben und in Bezug auf die User-Intention nicht zum Keyword „Brotteig“ passen. Dass die URLs teilweise trotzdem dazu ranken, zeigt wie viel Hunger Google auf eine Brotteig-Landingpage von essen & trinken hat 😉

Rezepte zur Auflösung des Keyword-Kannibalismus

Ähnlich wie sich klassischer Duplicate Content durch verschiedene Konstrukte auflösen lässt, gibt es auch für sich kannibalisierende URLs verschiedene Lösungswege, die nicht alle auf jeden Einzelfall angewendet werden können.

1) 301 Weiterleitung der schwächeren URL

Besteht eine Kannibalisierung zwischen 2 oder mehr URLs und kann auf eine URL bzw. den darunter verfügbaren Inhalt gänzlich verzichtet werden, weil dieser z.B. veraltet ist, bietet sich ein 301 Redirect an.

2) Zusammenführung von Content und anschließende 301 Weiterleitung

Beinhalten mehrere URLs sinnvollen Content zu einem Thema, der auch weiterhin verfügbar bleiben soll oder muss, bietet sich die Bündelung dieser Inhalte auf einer einzelnen Seite an. Dazu gewählt werden sollte tendenziell die URL mit den stärksten Rankings und Signalen. Die anderen URLs sollten per 301 auf diese URL weitergeleitet werden.

3) Noindex für Must-haves ohne SEO Potenzial

Müssen Inhalte aus anderen Gründen beibehalten werden und stehen sich aber beim Ranking im Weg, können die (schwächeren) URLs die Anweisung „noindex,follow“ erhalten. Damit werden diese URLs zwar weiterhin gecrawlt, nicht aber indexiert.

4) Erstellung einer neuen Landingpage für neue Keywords

Eignet sich keine URL für das Keyword, zu dem diese sich überschneiden (siehe Beispiel 4), sollte eine neue darauf optimierte Seite erstellt werden. Die Rankings der eigentlich gar nicht optimal auf das Keyword ausgerichteten URLs zeigen die grundsätzliche Relevanz der Domain dazu.

5) Änderung der Keyword-Ausrichtung

In einigen Fällen (Beispiel 3) bietet es sich auch an, die sich kannibalisierenden Seiten auf unterschiedliche Keywords mit ähnlicher Bedeutung auszurichten, sofern diese für das Angebot der Domain relevant sind (Entsafter vs. Saftpresse).

6) Mehr Content für mehr Relevanz

Stehen sich 2 Seiten aufgrund starker OffPage-Signale einer der Seiten im Weg, bietet es sich an, dieser Seite das Keyword zu entziehen oder auf der anderen Seite einen signifikant größeren Anteil an Content zu diesem Keyword bereitzustellen (Beispiel 1 Startseite vs. Produktseite).

7) Technische Auflösung von Kannibalisierungen

Insbesondere in Bezug auf Produktvarianten kann es sich anbieten, die Kannibalisierung über eine technisch andere Implementierung aufzulösen. In Beispiel 1 könnte die Variante „mit Rezept-Chip“ auch als optionale Auswahl, z.B. über ein Dropdown, auf ein und derselben Produktseite abgebildet werden.

Fazit

Keyword-Kannibalismus ist ein allgegenwärtiges SEO Phänomen, das auf nahezu jeder Domain zu finden ist. Vor allem bei stark wachsenden oder bereits sehr großen Domains lassen sich daraus Optimierungspotenziale erschließen. Die Prüfung der eigenen Domain auf sich kannibalisierende Inhalte lohnt sich, weil bei Auflösung signifikante Rankingsteigerungen für die betroffenen Keywords folgen können.

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Unsere contify-Autoren
Leonard Metzner
Leonard Metzner
Leonard Metzner ist SEO Freelancer und arbeitete bereits an zahlreichen Projekten für namhafte Unternehmen mit. Nach seinem Studium mit dem Schwerpunkt E-Commerce bei Mario Fischer in Würzburg arbeitete er unter anderem als in-house SEO Account Manager bei der Internetstores GmbH.
Leonard Metzner
Leonard Metzner
Leonard Metzner ist SEO Freelancer und arbeitete bereits an zahlreichen Projekten für namhafte Unternehmen mit. Nach seinem Studium mit dem Schwerpunkt E-Commerce bei Mario Fischer in Würzburg arbeitete er unter anderem als in-house SEO Account Manager bei der Internetstores GmbH.

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