Die rhetorische Frage gehört ebenfalls zu den Stilmitteln innerhalb der deutschen Sprache. Woher ihr eigenartiger Name stammt, was sie konkret bedeutet und wie ihre Verwendung auf einen Rezipienten wirkt, lässt sich am besten mit Hilfe einiger Beispiele erläutern. 

Info: Wie bei vielen deutschen Stilmitteln kommen auch der Name der rhetorischen Frage – und damit das Phänomen selbst – aus dem alten Griechenland, wo man noch von ῥητορική (sprich: rhētorikḗ) gesprochen hat, was so viel wie Redekunst bedeutet. Diese Art von Fragen sind also sprichwörtlich Teil der höchsten Form adäquater menschlicher Aussagekraft. 

Definition

Bei einer rhetorischen Frage handelt es sich zwar prinzipiell um eine normale Frage, weshalb am Satzende auch ein Fragezeichen stehen muss, im Gegensatz dazu erwartet man in diesem speziellen Fall aber keine echte, das heißt informative Antwort. Das Stilmittel dient vielmehr der Vermittlung eines bestimmten Ausdrucks auf der Wortinhaltsebene. Diese sprachliche Besonderheit lässt sich am besten mithilfe einiger Beispiele veranschaulichen:

Beispiel 1:

„Er hat Dich also betrogen?“, sagt Freundin 1 zu Freundin 2. „Das ist wiedermal typisch. Hab’ ich’s Dir nicht gleich gesagt?“

Der unterstrichene Teil des Beispiels stellt die rhetorische Frage dar. Freundin 1 ist zwar entsetzt, aber nicht wirklich überrascht über den Informationsgehalt der zuvor offenbar getätigten Aussage von Freundin 2. Deshalb versucht sie, ihrem Gedanken Nachdruck zu verleihen, erwartet aber keine Antwort.

Beispiel 2:

Auch in der Werbung bedient man sich häufig des beliebten Stilmittels. So ergänzt man ein beworbenes Produkt, dessen Sonderpreis womöglich zeitlich befristet ist, gerne um die Aussage: „Sie wollen sich diese einmalige Gelegenheit doch nicht entgehen lassen, oder?“ Bereits das Medium lässt erahnen, dass keine echte Antwort erwünscht ist – wie auch, müsste man schließlich mit einer Plakatwand oder einem Fernseher kommunizieren.

Beispiel 3:

In der Politik findet sich – speziell in der Abgeordnetenrede – eine Vielzahl rhetorischer Fragen, um der Kritik an der Position des jeweiligen Gegners Ausdruck zu verleihen. So könnten rhetorischer Fragen im Deutschen Bundestag folgendermaßen lauten: „Wie viele Menschen in den Krisengebieten dieser Welt müssen noch sterben, bis diese Regierung aufhört, dorthin Waffen zu exportieren?“ Oder aber: „Womit soll die Verbesserung der Sozialleistungen finanziert werden? Wollen Sie das Geld den Reichen wegnehmen, um es in einer Robin-Hood-Aktion an die Ärmsten dieser Gesellschaft zu verteilen?“

Wirkung

Je nachdem, welche Intention ein Autor oder eben ein Redner/Sprecher mit dem Stilmittel der rhetorischen Frage verfolgt, kann die Aussage unterschiedlich auf andere Menschen wirken. Im Falle der politischen Beispiele möchte der Redner sicherlich die Meinung der gegnerischen Partei dekonstruieren und bedient sich deshalb dieses beliebten Werkzeugs. Im Beispiel der beiden Freundinnen ist eine Häme der einen Freundin gegenüber der anderen gewiss nicht zu unterstellen. Hier geht es vielmehr um die Verwendung einer beinahe schon omnipräsenten Floskel, welche die Frage nicht mehr als solche wahrnehmen lässt.

Exkurs: In der gegenwärtigen Jugendsprache wird die Verwendung von rhetorischen Fragen quasi permanent exerziert. So finden sich beispielsweise Aussagen wie „Dein Ernst, Digger?“ oder „Was geht’n, Alter?“, die gewissermaßen ebenfalls unter die hier behandelte Kategorie fallen, da sie sich als echte Fragen gerieren, jedoch keine Antwort erwarten lassen. Womöglich handelt es sich hierbei um eine Übernahme aus dem Amerikanischen, denn dort erwartet auf „How are you?“ auch niemand ernsthaft eine Antwort.

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